Altglas: Domiplan
In den Anfangsjahren der DDR wollte man Spiegelreflexkameras zu günstigen Einstiegspreisen anbieten. Zu diesem Zweck brachte man ab 1949 die EXA-Baureihe als kleine Schwester der Exakta auf den Markt. Die EXA wurde zunächst mit dem Tessar 2.8/50 von Carl Zeiss Jena ausgestattet.
Bei der Entwicklung von 50mm-Objektiven für dem Massenmarkt verfolgte man in der DDR in den 1950er Jahren zwei Richtungen: zum einen wollte man ein deutlich lichtstärkeres Objektiv, was schließlich 1960 zum Pentacon 1.8/50 führte. Zum anderen brauchte man, insbesondere für die EXA, ein preiswertes Objektiv, welches sich leichter als das Tessar 2.8/50 herstellen ließ. Hierzu entwickelte man das Domiplan auf der Grundlage einer einfachen, dreilinsigen, veralteten Konstruktion, des sogenannten Cooke-Triplets aus den 1890er Jahren.
Vom Domiplan wurden von 1960 bis 1979 in der DDR und in Rumänien rund 2 Millionen Exemplare für Spiegelreflexkameras gebaut, u.a. wurde es das Standardobjektiv der 2. Baureihe der EXA. Darüber hinaus wurde es massenhaft, teilweise mit kürzeren Brennweiten, in Kompaktkameras wie der Beirette und der Penti verbaut. Das Domiplan wurde auch in westliche Länder exportiert.
Auf dem Gebrauchtmarkt ist das Domiplan in großen Stückzahlen günstig verfügbar. Die Qualität in der Massenproduktion schwankt jedoch sehr stark. Häufig öffnen sich die Blendenlamellen nicht vollständig. Wegen seines günstigen Preises und des markanten Seifenblasenbokehs ist das Domiplan in der Altglasszene weit verbreitet. Es wird oft als „Flaschenboden“ verspottet, gilt aber durchaus auch als Kultobjekt.
Ende Januar 2023 kaufte ich als Einstieg in die Altglaswelt ein Meyer-Optik Görlitz Domiplan f/2.8 50mm. Dieses Exemplar wurde aufgrund seiner Bauart zwischen 1967 und 1971 hergestellt. Ich habe es, vor allem während eines Kurzurlaubs im Spreewald, an der 70D und am Vollformat getestet. Bei Diskussionen in einem Internetforum stellte sich allerdings heraus, dass mein Domiplan offenbar dezentriert war. Ein Nutzer schenkte mir ein weiteres Exemplar mit der Bemerkung, dass dies das beste seiner acht Domiplane war. Dieses zweite Exemplar wurde zwischen 1963 und 1967 gebaut. Später habe ich das erste Exemplar innen gereinigt, nach dem Zusammenbau war die Dezentrierung behoben.
Die hier gezeigten Fotos sind größtenteils mit dem ersten Exemplar gemacht.
Ein direkter Vergleich zwischen meinem ersten Domiplan (vor der Reparatur) und zweiten Domiplan. Bei dem Ersten lässt die Schärfe nach rechts sehr stark nach, das Zweite ist deutlich besser. Nichtsdestotrotz sollte man damit keine Landschaften mit Offenblende fotografieren. Die Lichtverhältnisse haben sich zwischen den Fotos geändert, weil ich das Objektiv bei Sonnenuntergang gewechselt habe.
Fazit: Wie aufgrund der einfachen, veralteten Konstruktion, der Massenproduktion und der Konzeption als preiswertes Einstiegsobjektiv zu erwarten war, ist das Domiplan kein hochwertiges Objektiv. Konstruktionsbedingt lässt die Schärfe zum Rand stark nach. Vor allem bei Offenblende liefert es milchige, kontrastarme Fotos. Allerdings vermitteln die Fotos gerade durch diese Probleme einen gewissen historischen Reiz. Landschaftaufnahmen bei Offenblende sind sehr unscharf. Beim Abblenden verschwindet das markante Seifenblasenbokeh und es bilden sich sechseckige Muster.
Insbesondere an dem Weinglas wird jedoch deutlich, dass man auch mit dem Domiplan sehr schöne, stimmungsvolle Fotos aufnehmen kann. Man muss geeignete Motive finden, die Grenzen des Objektivs kennen und die optischen Probleme in der Nachbearbeitung maßvoll korrigieren.
Ein Domiplan sollte man sich nur anschaffen, wenn man es als Kultobjekt möchte. Auf Flohmärkten ist es massenhaft günstig verfügbar.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Domiplan in meiner gewerblichen Tätigkeit eine Rolle spielen wird. Bei Parties in Innenräumen mit vielen Lampen würde das Seifenblasenbokeh gut zur Geltung kommen, allerdings würde dann ich lieber zum Tessar 2.8/50 greifen.