Altglas: Analog
Altglas: Analog
Hintergrund
Bis 2004 habe ich im Urlaub gelegentlich analog fotografiert, wobei ich damals nie selbst eine analoge Kamera besessen habe. In den letzten Jahren habe ich lange gezögert, analoge Fotografie auszuprobieren.
Als mein Interesse für historische Objektive geweckt war, kaufte ich zwei sowjetische Zenit und einige andere alte, analoge Kameras, weil diese zusammen mit interessanten Objektiven angeboten wurden. Zudem wurden mir einige analoge Kameras von Verwandten überlassen. Aus Experimentierfreude wollte ich mich 2024 dann doch einmal in analoger Fotografie versuchen.
Ich hatte mehrere 35mm-Kameras zur Verfügung. Allerdings wollte ich meine breite Palette von M42-Objektiven nutzen, wodurch z.B. die Praktica BCA meines Onkels, eine Altix, eine alte Plattenkamera oder die Penti II meines Vaters nicht in Frage kamen. Zudem hätte ich für die Penti II die Filme in SL-Kassetten umpacken müssen. Schließlich war eine EXA 1b defekt, so dass mir nur die sowjetischen Zenit-E und Zenit-EM blieben.
35mm Farbfilm
Ich will zuerst meine Erfahrungen aus dem Spätsommer und Herbst 2024 mit einem Farbfilm, dem Kodak Gold 200 [Werbung wegen Nennung] und der Zenit E vorstellen. Dabei kamen fast alle meiner M42-Objektive zum Einsatz.
Insgesamt bin ich von den Ergebnissen doch etwas enttäuscht. Mir persönlich gefallen nur wenige Fotos aus der Galerie. Oft stört mich das sehr stark sichtbare Korn. Das Korn schwächt sich meist von einer zur anderen Seite ab, offenbar weil die Digitalkamera nicht exakt senkrecht zum Negativ positioniert war. Meine gängigen Algorithmen zur Rauschreduzierung waren gegen das Korn weitgehend wirkungslos. Teilweise habe ich das Korn mit einem schwachen Weichzeichner reduziert, was jedoch die Schärfe verringert hat.
Ein weiteres Problem sehe ich in der schlechten Farbwiedergabe des Analogfilms. Ich habe bei einigen Fotos nur mir viel Mühe ansprechende Farbabstimmungen erreicht.
Dennoch haben einige der Fotos einen schönen historisch anmutenden analogen Charme.
35mm Schwarz-Weiß-Film
Im Sommer 2024 unternahm ich mit meinem Sohn eine mehrtägige Radtour von Dresden nach Berlin, wobei ich mit meiner Zenit EM und dem Asahi 1.4/50 fotografiert habe. Da ich vorwiegend mit Offenblende fotografieren wollte, entschied ich mich für einen Film mit niedrigen ISO-Wert und nutze einen Ilford Delta 100 [Werbung wegen Nennung]. Teilweise verwendete ich einen NDx8-Filter. Nach der Tour füllte ich den Film im Raum Dresden.
Ich habe die Negative abfotografiert, die Tonwertkurven angepasst, Staub reduziert und in einigen Fällen Details verstärkt. Die Probleme mit der schlechten Farbdarstellung und aufwändigen Farbabstimmung entfallen hier naturgemäß. Das Korn wirkt hier viel schwächer und ästhetischer. Die Ergebnisse gefallen mir deutlich besser als die Farbaufnahmen.
120mm Schwarz-Weiß-Rollfilm
Anfang 2024 machte ich einige Experimente mit der Voigtländer Bessa II 6×9 meines Großvaters und 120mm Rollfilm Ilford Ortho Plus 80 120 [Werbung wegen Nennung]. Darüber habe ich hier berichtet.
Fazit
Ich kann mich nur wenig für analoge Fotografie begeistern.
- Bei der Farbfotografie ist die Darstellung der Farben schlecht, wodurch eine schwierige und aufwändige Farbabstimmung in der Bearbeitung notwendig wird. Die Ergebnisse stellen mich nicht zufrieden. Durch hochwertigere Filme, bessere Technik zur Digitalisierung und viel Erfahrung ließe sich diese Situation teilweise verbessern.
- Die Steuerung der Belichtung ist schwierig. In der Digitalfotografie steuert man die Belichtung mit dem ISO-Wert der Kamera, der Belichtungszeit und dem Blendenwert, wobei ich den Blendenwert lieber nach künstlerischen Aspekten wähle. Man kann darüberhinaus die Stärke von Blitzen einstellen, Graufilter verwenden, und in manchen Situationen das Umgebungslicht beeinflussen. In der analogen Fotografie ist die Situation schwieriger: Nach dem Einlegen des Films ist der ISO-Wert festgelegt. Meine M42-Kameras erlauben keine Belichtungszeiten unter 1/500s. Die Blende möchte ich nach künstlerischen Gesichtspunkten und nicht zur Regulierung der Belichtung einsetzen. Damit gibt es bei den drei wichtigsten Methoden zur Steuerung der Belichtung starke Einschränkungen. In vielen Situationen bleibt daher nur das umständliche Hantieren mit dem Graufilter, was ich auch praktiziert habe. Ansonsten gibt es einige Lösungsansätze: man kann bei Analogfilm in gewissen Maße mit Über- und Unterbelichtungen leben. Ich könnte in die beiden Zenit-Kameras Filme mit unterschiedlichen ISO-Werten einlegen und je nach Situation einsetzen. Ansonsten könnte ich in Kameras mit kürzeren Belichtungszeiten investieren. Das alles erscheint mir jedoch fragwürdig.
- Die Einstellung der Fokusentfernung ist schwierig. Wenn ich an der Digitalkamera mit manuellen Objektiven fotografiere, dann verwende ich das Display mit Vergrößerung und die Lesebrille zum fokussieren. An den analogen Kameras steht das Display nicht zur Verfügung, was mitunter zu falscher Fokussierung geführt hat.
- Der finanzielle und zeitliche Aufwand ist recht hoch. Neben den Kosten für Filmmateriel und Entwicklung sollte man den Aufwand für die Digitalisierung nicht unterschätzen. Hochwertige Scans sind teuer, hochwertige Scanner lohnen sich nur bei großen Stückzahlen. Das Abfotografieren der Negative ist eine umständliche Prozedur, wobei die analoge Fotografie letzlich absurd wird, weil man das Motiv gleich digital hätte fotografieren können.
Mir würden nur zwei Gründe für die Analogfotografie einfallen: Zum einen hat Schwarz-Weiß-Film einen hohen Dynamikumfang. Dies könnte man für Motive nutzen, bei denen keine HDR-Techniken möglich sind, z.B. schnell bewegte Objekte. Zum anderen kann man über Analogfotografie im Vollformat in Situationen fotografieren, in denen man aus Sicherheitsgründen die digitale Vollformatausrüstung nicht benutzen möchte. Dies betrifft z.B. Radtouren oder Aufnahmen mit sichtbarer Sonne.
Insgesamt habe ich beschlossen, analoge Farbfotografie gänzlich aufzugeben. Analoge Schwarz-Weiß-Fotografie will ich privat gelegentlich weiter betreiben, ich denke zur Zeit an Experimente mit einen Film mit ISO 50.