Altglas: Carl Zeiss Jena Tessar 4.5/75
Altglas: Carl Zeiss Jena Tessar 4.5/75
Im Spätherbst 2023 erhielt ich von einer Verwandten eine gut erhaltene, funktionsfähige Zeiss Ikonta 520, welche laut Seriennummer 1933 oder 1934 gefertigt wurde. Zu meiner großen Freude war sie mit einem Carl Zeiss Tessar 4.5/75 von 1932 ausgestattet. Durch die Ausstattung mit dem Tessar im Gegensatz zu den sonst üblichen dreilinsigen Objektiven und durch den Verschluss, der Belichtungszeiten zwischen 1s und 1/300s erlaubt, war die Kamera für die damalige Zeit ein recht gehobenes Modell.
Die historische Entwicklung des Tessars habe ich bereits hier beschrieben. Das Tessar 4.5/75 war ein Zwischenschritt bei der Erhöhung der Lichtstärke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Objektiv ist, wie Anfang der 1930 Jahre üblich, nicht vergütet. Mich reizte die Vorstellung, ein klassisches unvergütetes Objektiv mit einer guten Portraitbrennweite am digitalen Vollformat zu nutzen. Ich konnte das Tessar leicht ausbauen, ohne die Ikonta zu beschädigen. Ich habe es demontiert, gründlich gereinigt und das Fokusgewinde gefettet. Die Montage an das Canon Vollformat erschien mir sehr schwierig, doch dann hatte ich die entscheidente Idee: Ich sägte einen M42-Alu-Zwischenring passend ab und beschaffte einen Stahlring mit passenden Durchmessern, wobei ein früherer Klassenkamerad behilflich war. Ich habe den Zwischenring sorgfältig auf die passende Länge geschliffen und den Stahlring angeklebt, wo ich das Tessar befestigen konnte.
Das Tessar ist nur verschraubt, es läßt sich problemlos wieder an die Ikonta montieren.
Ich habe mit Vollformat und APS-C Probeaufnahmen gemacht und die Fotos nur wenig bearbeitet.
Fazit: Bei einem derart alten Objektiv kann man natürlich keine technische Perfektion erwarten. Allerdings liefert das Tessar 4.5/75 Fotos in einen sehr klassischen, historischen Stil. Die Fotos haben auch ohne Bearbeitung einen authentischen Sepiaton.
Die Sensoren der Digitalkameras reflektieren das Licht stärker als Analogfilm. Moderne Objektive sind deswegen speziell vergütet. Ohne Vergütung werden die Fotos blass und kontrastarm, was man auch bei dem Tessar 4.5/75 merkt.
Oft wird behauptet, das unvergütete Objektive Farben besser darstellen. Dies kann ich für das Tessar 4.5/75 nicht behaupten. In der Bearbeitung ist es nahezu unmöglich, eine Balance zwischen den Sepia- und den Blautönen zu finden, so dass eine natürliche Farbabstimmung nahezu unmöglich ist.
Das Tessar 4.5/75 ist für mich eine Bereicherung, wenn ein authentischer, sehr klassischer Bildstil gefragt ist.